Nicht institutionalisierte Kontrollfunktion durch die Ethos-Stiftung in der Schweiz

Deutsche Anleger, die nicht maßgebliche Aktienpositionen an einem Bankinstitut halten, haben keine ernsthaften Chancen begründete Meinungen verlautbaren zu lassen – vom Durchsetzen ganz zu schweigen. Die Credit Suisse Group AG – früher Schweizerische Kreditanstalt SKA (kurz: CS)  – ist eines der größten global tätigen Finanzdienstleistungsunternehmen.

Die Ethos Stiftung schließt mehr als 200 schweizerische Pensionskassen und andere steuerbefreite Institutionen zusammen. Sie wurde 1997 zur Förderung einer nachhaltigen Anlagetätigkeit und eines stabilen Wirtschaftsumfelds gegründet.

Das Unternehmen Ethos Services betreut als Tochtergesellschaft der Stiftung Beratungs- und Vermögensverwaltungsmandate für nachhaltige Anlagen und bietet Anlagefonds, Analysen von Generalversammlungen mit Stimmempfehlungen, ein Programm für den Aktionärsdialog mit Unternehmen sowie Nachhaltigkeits- Ratings und -Analysen von Unternehmen an. Ethos Services ist eine der Mitgliedsinstitutionen der Stiftung.

Im Rahmen ihrer Abstimmungsempfehlungen für die Generalversammlung der CS am 28. April 2017 widersetzt sich Ethos der Wiederwahl mehrerer Mitglieder sowie der Décharge (Billigung der Geschäftstätigkeit eines Organs) des Verwaltungsrats. Zudem lehnt Ethos angesichts der schlechten Resultate und der besorgniserregenden Eigenkapitalsituation Vergütungen für Führungsinstanzen und vom Verwaltungsrat beantragte Dividende ab. Der Verfasser dieser Information stützt sich auf Darlegungen von Ethos. Im Sinne deutscher Anleger in der Schweiz ist eine Kenntnis von grauen Strukturen wichtig. Nach der Offenheit der Bankinstitute dieses Landes steuerliche „Missgriffe“ – nicht nur – von Ausländern anzuzeigen bzw. auf Anfrage zu „beauskunften“, sind Anleger an einem seriösen Geschäftsverhältnis interessiert.

Angesichts der zahlreichen Rechtsstreitigkeiten, denen CS seit Jahrzehnten ausgesetzt ist, den immensen Entschädigungs- und Strafzahlungen sowie dem Fehlen einer strategischen Vision des Verwaltungsrats, empfiehlt Ethos Veränderungen in der Chefetage der Bank. Konkret ist Ethos gegen die Wiederwahl des Verwaltungsratspräsidenten Urs Rohner sowie des Vizepräsidenten des Verwaltungsrates Richard E. Thornburgh. Anfangs 2017 wurde die Bank in den Vereinigten Staaten des Verkaufs toxischer Finanzprodukte in den Jahren vor der Finanzkrise (2005-2007) schuldig gesprochen. Die beiden Verwaltungsräte waren zu dieser Zeit in der Geschäftsleitung der Bank. Urs Rohner war Chief Operating Officer (COO) und General Counsel und Richard Thornburgh war Executive Vice Chairman der Credit Suisse First Boston (bis Ende 2005).

Diese Rekordstrafe in den USA führte dazu, dass die CS weitere Rückstellungen von mehr als             CHF 2 Milliarden zwischen Dezember 2016 und März 2017 vornehmen musste. Seit Urs Rohner das Verwaltungsratspräsidium im April 2011 übernommen hat, erfolgten CHF 10,9 Milliarden Rückstellungen. CHF 7,4 Milliarden mussten für die Beilegung von Rechtsfällen verwendet werden. Gleichzeitig hat die Aktie der CS fast die Hälfte an Wert eingebüsst. Die Zahl der Mitarbeitenden in der Schweiz ist um 20% zurückgegangen (17.020 Ende 2016).
Ethos stellt ein Fehlen von Klarheit in der aktuellen Strategie fest, insbesondere in Bezug auf den Börsengang des Schweizer Geschäftes. Ethos ist der Meinung, dass Veränderungen im Verwaltungsrat nötig sind, um das Vertrauen der Anleger zurückzugewinnen. Angesichts der anhängigen Rechtsfälle und der Vorwürfe, dass Projektfinanzierungen gegen bankeigene Richtlinien verstoßen haben (z. B. die Pipeline, welche im Sinne von Mr. Trump in den Vereinigten Staaten Indianerreservate durchqueren soll), ist Ethos der Meinung, dass es verfrüht wäre, den Führungsinstanzen der CS die Décharge zu erteilen.

Exzessive Vergütungen und eine unangemessene Dividende

Ethos empfiehlt Vergütungen der Verwaltungsrats- und Geschäftsleitungs-mitglieder abzulehnen. Angesichts der enttäuschenden Resultate der Bank ist Ethos der Meinung, dass die Geschäftsleitung für 2016 keine variable Vergütung erhalten sollte. Es ist nicht angemessen, dass die 12 Mitglieder der Geschäftsleitung „Jahresboni“ von bis zu CHF 26 Millionen erhalten, derweil die CS einen Nettoverlust von CHF 2,7 Milliarden ausweist. Entscheidend ist, dass dieses Institut unter dem Missverhalten der Führung zu kämpfen hat und – aus deutscher Sicht – die Deutsche Bank AG nicht das einzige Institut mit derartigen Problemen in Europa ist.

Bemerkenswert ist die Aktivität von Ethos. Diese Stiftung greift Problemfälle auf und kann sich der Publikation und des Hörens sicher sein. Was würde sich für deutsche Institute empfehlen? In Kenntnis der Übernahme vieler administrativer Vorgänge durch FinTechs könnten sich die Probleme irgendwann von selbst erledigen. Kann das positiv oder negativ für Anleger sein?

Für Bertold Brecht war das Gründen und Führen einer Bank ein größeres Verbrechen als diese auszurauben – wobei sich das letztgenannte Geschäftsmodell mangels großer Bargeldlager bald erledigt haben wird. Der Verfasser dieses Beitrags benötigte 1976 von der Bank of Montreal für ein Geschäft  35.000 kanadische Dollar. Diese mussten damals aus mehreren Filialen in Montreal zusammengetragen werden. Das ist für deutsche Geschäftsleute meist unvorstellbar. Wenn sich der weitgehende Verzicht auf Bargeld in Europa nicht nur in Skandinavien durchgesetzt haben wird, werden Fintechs die Sieger sein. Und was machen die Anleger mit den neuen Rechten?

 

Leave A Comment