Interview mit Rechtsanwältin Bontschev: Kritische Analyse der Anlageklasse Private Equity für Privatanleger

Last Updated: Dienstag, 27.08.2024By

Interviewer: Frau Bontschev, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen. Private Equity wird zunehmend auch Privatanlegern zugänglich gemacht, was früher undenkbar war. Was sind aus rechtlicher Sicht die wichtigsten Punkte, die Anleger beachten sollten?

Rechtsanwältin Bontschev: Vielen Dank für die Einladung. Private Equity ist in der Tat eine komplexe und bislang eher elitäre Anlageklasse. Für Privatanleger birgt sie erhebliche rechtliche und finanzielle Risiken, die oft übersehen werden. Einer der zentralen Punkte ist die Transparenz – oder besser gesagt, der Mangel an Transparenz. Da Private Equity-Investitionen nicht börsennotiert sind, gibt es keine regelmäßige und marktbasierte Preisbildung. Die Bewertungen erfolgen intern, was Interessenkonflikte begünstigen kann.

Interviewer: Sie erwähnten die fehlende Marktpreisbildung. Welche Auswirkungen hat das auf die Anleger?

Rechtsanwältin Bontschev: Diese fehlende Marktpreisbildung kann dazu führen, dass die Risiken einer Investition unterschätzt werden. Viele Privatanleger könnten versucht sein zu glauben, dass ihre Investitionen stabiler sind, weil keine täglichen Schwankungen sichtbar sind. Das ist jedoch eine trügerische Sicherheit. Zudem ist die Liquidität ein weiteres Problem – das bedeutet, dass Anleger möglicherweise ihre Anteile nicht schnell verkaufen können, wenn sie das Geld benötigen. Das kann in Krisenzeiten zu erheblichen finanziellen Schwierigkeiten führen.

Interviewer: Ein weiteres Thema ist die Kostenstruktur von Private Equity. Was sollten Anleger hier wissen?

Rechtsanwältin Bontschev: Die Kosten für Private Equity-Investitionen sind in der Regel erheblich höher als bei traditionellen Anlageformen wie ETFs. Hier sprechen wir oft von Managementgebühren von 2 Prozent jährlich und zusätzlichen Performance-Gebühren, die 20 Prozent der erzielten Rendite ausmachen können. Diese Gebührenstruktur kann die tatsächliche Rendite stark beeinträchtigen, was Privatanleger unbedingt berücksichtigen sollten.

Interviewer: Es wird oft argumentiert, dass Private Equity hohe Renditen verspricht. Wie beurteilen Sie dieses Argument?

Rechtsanwältin Bontschev: Es stimmt, dass einige Private Equity-Fonds in der Vergangenheit hohe Renditen erwirtschaftet haben. Allerdings ist die Bandbreite der Renditen extrem breit, von sehr hohen Gewinnen bis hin zu Verlusten. Wichtig ist, dass die Renditen, die oft in Werbematerialien angegeben werden, nicht die gesamte Kapitalbasis berücksichtigen, sondern nur das investierte Kapital. Das führt dazu, dass die Renditen oft besser aussehen, als sie in Wirklichkeit sind.

Interviewer: Welche rechtlichen Risiken sehen Sie bei der Demokratisierung von Private Equity, also dem Zugang für Privatanleger?

Rechtsanwältin Bontschev: Die Demokratisierung von Private Equity birgt das Risiko, dass unerfahrene Anleger in eine Anlageklasse einsteigen, die sie nicht vollständig verstehen. Die regulatorischen Schutzmaßnahmen, die für institutionelle Investoren gelten, sind bei Privatanlegern oft nicht ausreichend vorhanden. Es besteht die Gefahr, dass sie aufgrund fehlender Kenntnisse und Erfahrungen erhebliche Verluste erleiden.

Interviewer: Was raten Sie Privatanlegern, die über eine Investition in Private Equity nachdenken?

Rechtsanwältin Bontschev: Ich rate zur Vorsicht. Es ist wichtig, sich umfassend zu informieren und sich der Risiken bewusst zu sein. Private Equity ist eine langfristige, illiquide Anlageform, die nicht für jeden geeignet ist. Wer dennoch investieren möchte, sollte nur einen kleinen Teil seines Portfolios dafür verwenden und idealerweise rechtlichen Rat einholen, um die genauen Bedingungen und Risiken zu verstehen.

Interviewer: Vielen Dank, Frau Bontschev, für diese aufschlussreichen Einblicke.

Rechtsanwältin Bontschev: Gern geschehen. Es ist mir ein Anliegen, dass Anleger gut informiert sind, bevor sie sich auf solche komplexen Anlageformen einlassen.

Link: www.youtube.com/watch?v=rz_tMx8h5js 

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