Kapitalanleger – Musterverfahrensgesetz (KapMuG)

Last Updated: Freitag, 19.03.2021By Tags: , ,

Kapitalmarktrechtliche Klagen als Anstoß des Diesel Skandals bei VW

Eine technische Problematik von weltweitem Ausmaß bewirkt für Kapitalanleger in Deutschland eine neue Rechtssituation für die nun mögliche gebündelte Klärung zentraler Streitfragen. Ziel der Maßnahmen und des damit verbundenen o. b. Gesetzes sind die Interessen von Klägern und Beklagten Vorentscheidungen in nächsthöherer Instanz zu bewirken. Verfahren sollen damit mehr Geschwindigkeit und Planbarkeit erlangen. Streitfragen vor dem Landgericht erscheinen nun im Bundesanzeiger. Damit sollen Vorlagebeschlüsse bewirkt werden.

Jede gesetzliche Maßnahme bewirkt die Ablehnung durch die eine oder andere Seite (oder beider Parteien) in Form von Kritik. Nach diesem Gesetz sollen erstmals nach deutschem Recht kapitalmarktrechtliche Klagen von Anlegern effektiv gebündelt werden (können). Das Gesetz wurde bereits 2005 verkündet, da Massenklagen, wie bei Telekom – nach der ZPO – nicht mehr zu bewältigen seien. Nach Verlängerungen lief es in der alten Fassung zum 31.10.2012 aus. Am 19.10.2012 wurde über das KapMuG-ReformG das KapMuG in einer Neufassung des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes verabschiedet. Die Neufassung ist am 1.11.2012 in Kraft getreten. Gemäß § 28 tritt sie am 1.11.2020 außer Kraft.

Inhalt ist eine dauerhafte Beibehaltung des Musterverfahrens in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten durch Aufhebung der Befristung bei Änderungen nach positiver Evaluation. Außerdem zielt es auf eine moderate Ausweitung des Anwendungsbereichs. Dadurch kann zukünftig auch die Haftung wegen fehlerhafter Anlagevermittlung oder -beratung, in der eine öffentliche Kapitalmarktinformation, etwa ein Prospekt, verwendet wurde, Gegenstand eines Musterverfahrens sein. Daneben wird ein einfacher Zugang zum Musterverfahren eröffnet:

Künftig können Kapitalanleger einen Anspruch zum Musterverfahren anmelden und dadurch bewirken, dass die Verjährung ihres Anspruchs gehemmt wird. Darüber hinaus wird der Vergleichsabschluss im Musterverfahren vereinfacht. Zudem werden die Eröffnung des Musterverfahrens und seine Erledigung durch eine Reihe von Einzelmaßnahmen beschleunigt. Schließlich wird die Zulässigkeit der gerichtlichen Trennung von streitgenössischen Klagen in Einzelverfahren begrenzt, um ein gemeinsames gerichtliches Vorgehen der Kapitalanleger bereits in der ersten Instanz zu fördern (vgl. Juristische Abteilung; Universität Augsburg).

Parallel dazu erfolgte am 05.11.2015 die Verkündung des Gesetzes über Musterverfahren in kapitalmarktrechtlichen Streitigkeiten in der Fassung vom 02.11.2015, geändert durch das              Gesetz zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie.

Das hat nicht nur Auswirkungen auf die Auseinandersetzungen zwischen VW-Aktionären und dem Konzern selbst. Früher wurde diskutiert, dass Kapitalanleger jede Klage gegen ein Unternehmen individuell führen müssten. Dieses „Hindernis“ wurde nun weiter verkleinert, aber nicht beseitigt. Kapitalanlagefirmen mit Problemstellungen in Bezug auf ihre wirtschaftlichen Erfolgsaussichten sollten berücksichtigen, dass die o. b. modifizierten Fassungen des Gesetzes Raum schaffen, um Klagen zu platzieren und bearbeiten zu lassen.

Rechtsfragen von mehreren Kapitalanlegern können mit sämtlichen Fällen vorab von der nächsthöheren Instanz verbindlich entschieden werden. Dafür wird aus der Vielzahl ähnlich gelagerter Klagen ein einziger Fall als Exempel herausgegriffen. Nach der Grundsatz-entscheidung muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die KapMuG – Entscheidung passt.

Da das KapMuG eine Klage vorab höchstrichterlich klären lässt, ist es nicht mit Sammelklagen des US -Rechtssystems zu vergleichen (class action). Kläger müssen nicht ihren individuellen Schaden nachweisen, sondern nur ihre Zugehörigkeit zur betroffenen Gruppe (class – vgl. dpa).

Für den grauen Kapitalmarkt bedeutet dies mehr externe Aufmerksamkeit mit dem Ziel der Vermeidung von Korruption und Geldwäsche. Oft sind es nicht diese großen Vorwürfe, die Geschäftsführungen von derartigen Gesellschaften treffen können. Gerade dort wird eher darauf geachtet mögliche Vorwürfe qualifiziert entkräften zu können. An Autobahnen wird mit Schriften geworben: „Wir halten uns an die Gesetze, damit wir nicht angeschwärzt werden.“

Bis dahin bleiben die Führungen der Kapitalanlagefirmen lieber grau.

 JPM

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