Neue Leistungsangebote mit grauen Finanzen

Blue Ocean Strategy für selektive Leistungen

Die seit 1999 entwickelte Blue Ocean Strategy ist eine Methode zur Entwicklung dauerhaft profitabler Geschäftsmodelle aus dem Bereich des strategischen Managements. Grundgedanke der Methodik ist die Ansprache einer breiten Masse der Kunden und Nicht-Kunden, um diesen differenzierenden und relevanten Nutzen zu bieten (Blue Oceans). Dauerhafte Erfolge sollen durch Ausschalten der bedeutungslos gewordenen oder der noch nicht vorhandenen Konkurrenz durch Neuakquirierung von Kunden mit optimierten Kostenstrukturen erreicht werden.

Das Konzept der Blue Ocean Strategy wurde von W. Chan Kim und Renée Mauborgne an der INSEAD Business School entwickelt und dort „Value Innovation“ (Nutzeninnovation) bezeichnet. (W. Chan Kim, Renée Mauborgne: Der Blaue Ozean als Strategie. Wie man neue Märkte schafft, wo es keine Konkurrenz gibt. Carl Hanser Verlag, München und Wien 2005, ISBN 3446402179)

Die als blaue Ozeane entwickelten Märkte bleiben ohne breite finanzielle Resonanz in der Bevölkerung, solange daran nicht ein bemerkenswerter Anteil teilnimmt. Als Beispiel seien die Märkte der Kaffeekapseln und des Cirque de Soleil genannt. Beide haben eine wohlhabende Zielgruppe und brachten den Ideenträgern erheblichen finanziellen Gewinn. Die Einschränkung ist der Sachverhalt, dass eine Neukonzeption erforderlich wird, wenn die Grenzen der Nutzern und ihrer Finanzkraft erreicht ist. Bei den Kaffeekapseln (Nespresso) ist den meisten Nutzer nicht bekannt, das Nestle dahinter steht. Im Folgenden „Violett Ocean“ hat Nestle begonnen die Kapseln unter eigenem Namen zu einem um mehr als 30% niedrigeren Preis anzubieten.

Die Psychologie der Käufer ist zu beachten, die zur Zeit des absoluten „Blue Ocean“ bereit waren mit dem Vorrecht ihrer Mitgliedschaft an Samstagnachmittagen eine halbe Stunde anzustehen, um die Kapseln erwerben zu dürfen. Aus dieser Idee lassen sich heute aktuelle Angebote betrachten: Fitnessarmbänder, Zimmervermietung (Airbnb), Mitnahmeservice (Uber). Für die beiden letztgenannten Konzerne gilt das Alleinstellungsmerkmal. Bei Fitnessarmbändern muss der Marktführer noch gefunden werden bzw. sich entwickeln. Schwächen zeigen alle drei Elemente.

Gehen wir davon aus, dass die Initiatoren bestrebt sind Gewinne ohne Störungen zu erzielen, kann unterstellt werden, dass Probleme gezielt geglättet werden. So lange bleiben diese Angebote und solche sicher in anderen Branchen folgende ein Teil des grauen Marktes, der im Ergebnis auf die Finanzen und Erfolge damit abgestellt ist. Eines ist sicher:

Die Interessen der Kunden und deren Vorteile sind dabei sekundär. Gleichwohl sind sie selbst die Leistungsträger für den Kapitalfluss. Bei Nespresso waren die Käufer über Jahre bereit für Kaffee umgerechnet ca. € 74 pro Kilo zu bezahlen. Bei Airbnb und Uber wird der Engpass über eine Minderleistung gegenüber dem Kunden erreicht. Die Vorwürfe reichen bei Airbnb von Diskriminierung (Handelsblatt) zu menschlicher Ausnutzung der überforderten Fahrer bei Uber (Claus Kleber – Schöne neue Welt /ZDF zu Sillicon Valley und Nutzungsarealen der Städte).

Auf dem Finanzmarkt darf erwartet werden, dass sich weitere Unternehmen finden, die weltweit Angebote platzieren wollen, die von einer Mehrheit angenommen werden. Die vorhandenen sollten wir beleuchten.

  1. Fitnessarmbänder: Ansprache und Erfolge zielen aktuell auf den Verkauf. Die Nutzung wird erst dann relevant werden, wenn Forderungen dazu von anderer Seite aufgestellt und in Verbindung damit finanzielle Vorteile in Aussicht gestellt werden. Untersuchungen an der TU Darmstadt haben ergeben, dass die meisten Fitnessarmbänder keine Datensicherheit haben, Manipulationen möglich sind. Schutzmaßnahmen waren selten zu erkennen. Dennoch denkt die Techniker Krankenkasse darüber nach für die Nutzung der Armbänder ein Bonusprogramm – nachweissicher – anzubieten. Die Krankenversicherung DKV hat allerdings ermittelt, dass die Hälfte der verkauften Fitnessarmbänder bei den Käufern in der Ecke liegen bleibt – Hauptgrund: zu anstrengend! (Handelsblatt 2016-09-09).

  2. Airbnb: Die Buchung eines Hotelzimmers ist einfacher. Kreditkarte und Ausweis reichen. Bei Airbnb muss sich der Kunde bewerben, um dem Vermieter zu gefallen. Hinzu kommen dessen Probleme mit den Vorgaben mancher Städte in Deutschland. Das Procedere der Auswahl wurde bei der Harvard University angeprangert und führte zu einem 32-seitigen Maßnahmenpapier von Airbnb. Damit musste sich das Unternehmen gegenüber den Kapitalgebern wegen seiner durch die Maßnahmen gefährdeten Finanzstruktur und offiziellen Stellen wegen Diskriminierung präsentieren. Die Regeln der Zukunft sollen andere sein. Damit müssen Gäste und Gastgeber einverstanden sein.
  3. Uber: Dieser Konzern wird wegen seiner geringen Vergütungen für die Fahrer und die damit verbundenen menschlichen Belastungen angegriffen. In vielen Ländern wurden die Geschäftspraktiken von Uber verboten. Das Unternehmen hat mittlerweile eine Bewertung von USD 68 Milliarden erreicht (Handelsblatt 2016-09-09). Die nächste Herausforderung sollen autonome Autos sein. Naturgemäß entfällt damit die Problematik des Fahrers. Zur Realisierung werden Big Data Analysten und Designer eingesetzt. Begonnen wird mit Daten. Produkte und Programme folgen. Algorithmen stellen nach spätestens drei Monaten neue Konzepte dar. Solange das autonome Auto noch nicht in Diensten von Uber arbeitet, müssen die Finanzen noch aus konventionellen mathematischen Modellen erwirtschaftet werden. Die Bewohner der Städte werden lernen, dass der Markt des Personentransports so groß und massiv ist, dass sie langfristig keine Wahl haben werden darauf zu verzichten.

Die drei dargestellten Konzepte haben nach ihrer Gründung als Start-up fungiert. Die Unternehmer verstehen sich nach wie vor als Gründer mit neuen Ideen, die erst einmal gestartet werden müssen. Der Kunde setzt die Finanzen ein und hat das Interesse, dass es so wenig wie möglich sein sollen. Die genannten Unternehmen sind in ihrer Entwicklung weit fortgeschritten. Sie können kein Maßstab für andere Start-ups sein, die, jeder für sich, eine eigene Bewährung durchlaufen müssen. Auch der Kunde wird sich bewähren müssen.

Keiner kann gezwungen werden Fitnessarmbänder zu tragen, um niedrigere Prämien für die Krankenversicherung zu zahlen? Werden Hotelpreise so stark steigen, dass der Nutzer nur auf Airbnb zurückzugreifen kann? Kann der Fahrgast auf bekannte Taxis verzichten oder muss er es?

Der Wandel unserer Zeit wird uns zwingen graue Märkte zu prüfen und die dazu erforderlichen Finanzen einzusetzen. Wir alle wollen „in“ sein im Leben – und dafür weniger zahlen.

JPM

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