Neue Plattformen ändern graue Gesetze

Last Updated: Freitag, 24.06.2016By Tags: , , , ,

Krise bei etablierten gesetzlich geschützten Dienstleistern (Beispiel: Airbnb und Uber)

Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass etablierte Unternehmen und aus deren am Markt offerierten Kapitalbeteiligungen langfristig Sicherheit und Erträge zu erwarten waren. Dabei geht vergessen, dass die Investoren in Aktien der  Deutsche Bank AG und Telekom nach Investitionen vor mehr als 15 Jahren 80% des angelegten Kapitals verloren haben – Dividenden nicht gerechnet. Nun meldet sich die Deutsche Bank AG mit eigenen Verurteilungen durch Strafgerichte und deren früherer Mitarbeiter aus dem Finanzbereich zurück. Telekom versucht trotz Unregelmäßigkeiten Beteiligungen zu verkaufen und technische Probleme zu beseitigen, was dem Aktienkurs nicht zwingend hilft.

Der Verfasser fragt sich, ob die Zukunft in Beteiligungen liegt, die sich in Geldwerten ausdrückt. Dienstleistungen versuchen sich anders auszudrücken und konfrontieren bestehende Gesetze. Das Besondere ist, dass sie nicht in ihren Aktivitäten kanalisieren. Sie arbeiten auf Plattformen, die sich nach außen offen darstellen und gesicherte Patente nicht kennen. Der Bürger ist darin noch nicht geübt. Er erinnert sich an Gesetze, von denen er in der Universität gehört hat. Vielleicht hat er sie damals sogar verstanden.

Wenn dieser Bürger „Sharing Economy“ verstanden hat, weiß er, dass es Steuergesetze gibt, die den Initiatoren von Airbnb und Uber Probleme bereiten können. Hinzukommen die Zulassungen für das Hotelgewerbe und Taxiunternehmen: Ehrwürdige Unternehmen des letzten Jahrtausends hätten die verrückten Ideen irrationaler Konkurrenz nicht zum Gesprächsthema gemacht.

Heute werden diese Aktivitäten als Inbegriff des Wohlstands angesehen, mit dem Privatleute Waren oder Dienstleistungen über Onlinedatenbank bestellen können.  Die Aktivitäten der angestammten Unternehmer in den letzten Monaten ließen vermuten, dass die Judikative Möglichkeiten findet derartigen vermeintlichen Unfug zu beherrschen. Andererseits denkt die Legislative der EU über Gesetze nach, mit deren Grundlagen diese neuen Plattformen legal tätig werden dürfen. Sicher ist, dass diese konventionelle Geschäftsmodelle gefährden.

Vor fast 200 Jahren waren Unternehmen der neuen Eisenbahnindustrie gezwungen Lokomotiven und ihren angehängten Wagen einen Mann mit einer Fahne vorweg laufen zu lassen, um arglose Fußgänger vor den Gefahren eines auf Schienen bewegten Fahrzeugs zu warnen. Nicht nur für die ICEs der Deutschen Bahn AG ist diese Vorschrift aufgehoben worden.

Die Erkenntnis muss sich immer wieder durchsetzen: der Markt und nicht die Marktteilnehmer bestimmen, wie unsere Zukunft aussehen wird. Die konventionellen Unternehmen glaubten, dass sie die von den Vereinten Nationen geprägte Gesellschaftsform der „Collaborative Commons“ für die nächste Jahrzehnte ausbauen werden – notfalls mit Digitalisierung. Und den Neuen fehlen die gesetzlichen Grundlagen existieren zu dürfen. Gesetzgeber und Behörden in der EU sollten Anlass werden die neuen damit stärker zu regulieren.

Die EU nimmt das in Brüssel zu einem Vorstoß in entgegengesetzter Richtung in Angriff. Die europäische Kommission hat sich hinter die „Sharing Economy“ gestellt und vor einem unerwünschten Flickwerk nationaler Regelungen gewarnt (vgl. Schöning, F.; Rückendeckung S. 18 – FAZ 2016-06-15). Nicht die neuen Marktteilnehmer, sondern regionale Regelungen könnten den Markt verzerren:

Die „Sharing Economy“ biete Potenzial für Innovation, Arbeitsplätze und Wachstum. In der Folge hat sich der Umsatz für die sich daraus ergebenden fünf Schlüsselbranchen in 2015 gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. Diese sind (vgl. Schöning ebd.)

  • Unterkunft
  • Personenbeförderung
  • Dienstleistungen für private Haushalte
  • freiberufliche und technische Dienstleistungen
  • Crowdfunding

Für alle Plattformen gibt es ein Zusammenwirken von Urhebern (früher: Produzenten), Nutzern von Angeboten (früher: Konsumenten), denen die Schnittstellen der Plattform (früher: Anbieter) und Inhaber der geistigen Eigentumsrechte (früher: Eigentümer) gegenüberstehen. Dabei entscheidet das interne und externe Beziehungsgeflecht über Erfolg oder Misserfolg dieser Strategie(n).

Rechtsunsicherheiten sollen für die Plattformen beseitigt, Markt- und Rechtsunsicherheiten ausgeschlossen werden. In die Gesetzgebung integrierte Verbote und Beschränkungen sollen während der Zeit der Übung in der Praxis Grenzen setzen. Der Verfasser sieht diese als Einschränkung in einer begrenzten Zeit der Zukunft. Regulierungen der Internetmärkte sollen nicht den Mitgliedstaaten überlassen bleiben. In der Ergänzung wurde ein Positionspapier zu „Big Data“ unter Bezug auf das Kartellrecht verabschiedet – aushöhlen wäre ein passendes Verb. Im Sinne der EU hätten Einschränkung der Arbeitsweise von Unternehmen auf den o. b. Plattformen Vertragsverletzungsverfahren zur Folge.

Nur wer das Prinzip versteht und sein konventionelles Geschäftsmodell transformiert, wird auf Plattformen überleben und auf die Kanalisierung verzichten.

Die Konsequenz für die Mitgliedstaaten der EU: Wenn ein Geschäftsmodell erfolgreich ist, jeder das Risiko kennt, dieses in Chancen wandelt oder deshalb versagt, sind graue Geschäftsmodelle zu unterstützen – in der Hoffnung, das sie für alle Bürger farbig werden.

JPM

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