Die grauen Perspektiven unserer Altersversorgung

Versprechen der Vergangenheit, die von Mitmenschen verkannt worden sind!  

Streit über Zahlenbeweise, die in Dokumenten vorgelegt werden, sollte Seltenheit haben. Stattdessen können Zahlen verbreitet werden, die sich in Meinungen erklären können, nicht hinterfragt werden müssen, denn es gibt viele Menschen, die sie glauben. Das waren die ersten Sätze der neunten Informationen dieses Monats über populistische Zahlenvorstellungen.

Die Gedanken an die Altersversorgung gehen die zurück in die ersten Jahre der Bundesrepublik Deutschland – nach 1948. Der erste Bundeskanzler hieß Konrad Adenauer und wusste, dass die Währungsreform die bis dahin aufgebauten Sozialversicherungsrücklagen errichtet hatte. Die erste Regierung musste eine Lösung finden, die Menschen bei der Arbeit Perspektiven für das Alter gewährte. Mit dem Versprechen der Altersversorgung sicherzustellen propagierte er das Umlageverfahren: Zufließende Beträge aus von Arbeitnehmern und Arbeitgebern im gleichen Verhältnis zu zahlenden Sozialversicherungsbeiträgen sollten die nach 1949 einsetzenden Zahlungen an Rentner sicherstellen. Das Umlageverfahren basiert auf einem Satz von Adenauer:

„Kinder bekommen die Leute immer.“ Die Auswirkungen der Pille zur Vermeidung von Schwangerschaften hat er vor seinem Tod 1967 nicht mehr erlebt. Er hätte sonst seinen weiteren berühmten Satz einsetzen können: „Was interessiert mich mein dummes Geschwätz von gestern?“

Jahrzehnte lebten Arbeitnehmer und freiwillig Versicherte mit der Illusion der sicheren Rente, die ihnen Jahrzehnte später von Minister Norbert Blüm bestätigt wurde: „Die Rente ist sicher.“ Diese Aussage haben wir erstmals von ihm 1986 gehört. 1997 hatte er sie bekräftigt.

Sein Parteikollege, Helmut Kohl, argumentierte im Wahlkampf 1982, dass die Rente maximal 42% des bis dahin erhalten Nettogehalts abdecken könne – später reduziert er auf 37%. Bedauerlicherweise haben sich die Herren Blüm und Kohl vorher nicht abgesprochen. Deutschen Arbeitnehmern wäre eine Illusion erspart geblieben.

Dem steht entgegen, dass in keinem großen Flächenland der EU die Rücklagen der Ruheständler so groß sind wie in Deutschland. Das Wirtschaftswunder der fünfziger und sechziger Jahre hatte dazu geführt, dass breite Bevölkerungskreise Vermögen gebildet haben – in Sparbüchern und anderen Vermögenswerten. Zum Zeitpunkt der Erkenntnis der Arbeitnehmer, dass die Renten doch nicht die erwartete Höhe haben werden, besaßen 41% eine selbst bewohnte Immobilie. Die vorher propagierte Eigentumswohnung hatte den Anteil der Immobilienbesitzer angehoben. Die regionalen Unterschiede sind erheblich (9% in den kritischen Gebieten der neuen Bundesländer bis 86% im Norden des Saarlands, übergreifend nach Rheinland-Pfalz).

Verblüffenderweise haben die hohen Eigentumsquoten zu wirtschaftlichen Nachteilen geführt, denn die Mobilität war bei den Nachkommen der Immobilienbesitzer nicht gegeben. Interessante Arbeitsplätze wurden nicht erreicht. Die Ansprüche an die Qualität der Häuser stiegen und die ersparten Mieteinnahmen mussten zu Renovierungen eingesetzt werden, wenn nicht selbst…  Spanien zum Vergleich: 84% Eigentumsquote, wenige Eigentumswohnungen, eigene Verbesserungsmaßnahmen ohne Handwerker und geringe soziale Probleme trotz Jugendarbeitslosigkeit: Jugendliche und Ältere kehren auch mit 30’ bis 40’ ins Hotel Mama zurück.

Wovon werden deutsche Rentner in den nächsten Jahrzehnten leben? Höhere Renten für alle?

Union und Sozialdemokraten locken mit Versprechen und tun so als spiele Geld keine Rolle. Die steigenden Lebenserwartungen schaffen Fakten. Die Rechnung zahlt nicht der liebe Gott. Nicht aus Manna, sondern aus Beiträgen und Steuern der jüngeren Generation ist die Rente zu zahlen (vgl. Börsch-Supan, A.; Wie Manna vom Himmel – FAZ Ordnung der Wirtschaft 2016-05-06).

Derweil verantworten Politiker und Gewerkschafter mit und ohne Kompetenz die Idee trotz steigender Lebenserwartung den möglichen Renteneintritt auf das 63 Lebensjahr zu ermöglichen.       Gleichzeitig schimpfen die gleichen Verantwortlichen auf die Griechen, die angeblich nicht wirtschaften können, aber aufgrund von Auflagen der EU bei geringerer Lebenserwartung den Ruhestand mit 67’ akzeptieren mussten. Der Verfasser akzeptiert, dass Hinweise der EU derzeit aus der Mode sind. Die EU hat für Deutschland aufgrund der statistischen Lebenserwartung den Ruhestand ab dem 74. Lebensjahr verlangt. Publikationen müssen sich verkaufen, nicht auf Wahrheiten Bezug nehmen, die für die Auflagenstärke negativ sind.

Die negativen Prognosen bezogen auf die Finanzierung der Altersversorgung können sich nicht wandeln. Die jungen Menschen, die in den nächsten 20 Jahren die Rente finanzieren müssen, sind schon geboren. Wenn – wie nicht zu viele wissen – die Geburtenraten seit 2010 in Deutschland steigen, kann uns das ab 2035 helfen, wenn gleichzeitig der Eintritt in den Ruhestand nach den Vorgaben der EU festgesetzt wird. Anfangs kann das 74. Lebensjahr für den Rentenbeginn reichen.

Die Mathematik bietet Hilfestellung mit der Erkenntnis, dass der Ruhestand im Durchschnitt für 15 Jahre nach Rentenbeginn mit der Altersversorgung gemäß Zusage finanziert werden kann.

Die für 2035 kalkulierte Lebenserwartung liegt im Durchschnitt (männlich /weiblich) bei voraussichtlich 85 Jahren für die heute bereits im Ruhestand befindlichen Rentner. Sollte die Lebenserwartung gemäß den medizinischen Vermutungen der Versicherungsgesellschaften in den nächsten 15 Jahren abrupt steigen – was der Vorstandsvorsitzende der Münchner Rückversicherung, der größten Rückversicherungsgesellschaft der Welt, Dr. von Bomhard, in einem Beitrag dokumentiert hat – werden 90 Lebensjahre im Durchschnitt deutlich überschritten. Nach seinen Ausführungen sind dann die Altersversorgung und die Wohnungsversorgung in Deutschland infrage gestellt (2016-04)

Für in den letzten 10 Jahren geborene Mädchen liegt die mittlere Lebenserwartung nach den Hochrechnungen von 2004 heute bei 106,5 Jahren (Quelle: Rürup und Raffelhüschen). Verständlich, dass diese Zahlen „nicht zu laut propagiert“ werden. Sollte der aktuelle Ruhestandesbeginn beibehalten werden, fehlen 1/3 der jungen Menschen zur Vorgeneration. Im Übrigen wird der jüngste Ansturm junger Flüchtlinge das Geburtendefizit nur geringfügig verringern, weil Migranten- ströme bei Fehlen eines Drittels der jungen Generation zu klein sind (Börsch-Supan ebd.). Gleichwohl ist der Verzicht auf Migranten bevölkerungspolitisch Leichtsinn. Dabei hilft, dass die aktuell höhere Zuwanderung aus der EU nicht publiziert wird – denn die EU-Bürger kommen legitim.

Auf den aktuellen Bevölkerungsstand von 82,2 Mio. zum 31.12.2015 (+ ca. 1 Mio. gegenüber 2014) sei verwiesen. Der Verfasser rechnet mit einem Stand von 83 Millionen für das Ende 2016, da eine Dunkelziffer von 411.000 Migranten noch nicht erfasst ist und die Binnenmigration aus der EU 500.000 überschreiten wird. Zu berücksichtigen sind auch die Auswanderungswilligen aus Großbritannien – voraussichtlich 240.000 nach Deutschland in 2016 /2017!

Da jeder Migrant in der Sozialversicherung einen Überschuss von ca. € 3.500 pro Jahr erwirtschaftet, leiste diese Gruppe eine deutliche Hilfe – nur, sie reicht nicht aus!

Jeder Arbeitgeber müsste verpflichtet werden vorhandene Betriebsrenten innovativ zu erweitern und neue Formen der Versorgung zu begründen. Dabei sollte als Vorgabe für den Erhalt der Betriebsrente die Überschreitung des 70. Lebensjahrs bei Rentenbeginn sein. Menschen, die sich als Vorbild präsentieren, sehen im Leben ein Fordern Ziele anzustreben. Diese definieren sich auch mit 75´ als noch nicht angekommen (Schöpflin, H.; hr-info 2016-08-27).

Die oft propagierte Riester-Rente ist eine nette Beigabe, aber keine Hilfestellung. Wenn CDU und SPD diese abschaffen wollen, müssen sie sich viel einfallen lassen, um die gesamte Lücke zu füllen. Bisher müssen zusätzliche Rentenleistungen von den Jüngeren finanziert werden. Das schränkt den Spielraum der Finanzen ein und lenkt von den wirklichen Problemen wie einer drohenden Altersarmut ab. Ungeeignete Vorschläge führen zu Problemen bei Jüngeren und Ärmeren. Ist das sozial (Börsch-Supan ebd.)? Ordnen wir es dem populistischen Zynismus zu, der von Parteien ausgeht, die sich sozial nennen!

JPM

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