Grauer Markt von Lotterie und Spielen

Last Updated: Montag, 07.11.2016By Tags: , ,

Verhalten und Handeln zum Suchen von Suchten

Eine der Ausprägungen im Altertum – und davor – war das Leben in der Korrelation zum Spiel. Bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts kannte die Globalisierung allein die Ernsthaftigkeit der Verrichtung als Blick in die Zukunft, die besser sein sollte als die Jahrzehnte, Jahrhunderte zuvor. Das Spiel galt als die Sünde, die Kindern zugewiesen, Erwachsenen entrissen wurde. Gleichzeitig blieb und bleibt die Globalisierung der Spiele die Garantie für die Sicherung unseres Lebens in Verbindung mit dem wachsenden Wohlstand, den wir anstreben. Gibt es als Konsequenz daraus die Spiele, die vom Grau gedeckt werden, unter diesem verschwinden, von unten angetrieben durch das Glänzen des Goldes, das seit Jahrtausenden an mystischen Plätzen vermutet und selten gefunden wurde?

Spiel und Gold sind das Allerheiligste, das in unser aller Seelen so eingeprägt ist, dass wir es ihnen nicht entreißen können.  Es ist leicht aus dem Wohlstand heraus Menschen zu verurteilen, die ihr Glück  mit ihrer Auffassung von Sicherheit befriedigen wollen, das sich in der Offenbarung des Loses, dem Glanz des Edelmetalls als Krümel der Unscheinbarkeit aus der Erde und dem gewünschten Verlauf von Aktienkursen niederschlagen wird – und von dem viele profitieren, die heute protestieren. Es ist ebenso leicht Kulturen zu verurteilen, die auf Erfahrungen der letzten Jahrtausende beruhen und in Hierarchien „denen da unten“ doch heute das geben, was diese nie gefordert haben.

Wir alle möchten das Glück zwingen, indem wir ihm mehr Chancen bieten, den Einsatz erhöhen und meinen, dass es ehrenwert sei irgendwelchen noch nicht definierten Begünstigten davon einen Anteil geben zu wollen, um anerkannt zu werden. Sind wir so unfair, dass wir Fairness von denen verlangen, die unser Spiel prägen, in einer Ordnung der Unwidersprechlichkeit vorgeben? Wir haben bei Kant gelernt, dass Theorie und Praxis identisch sind und wir bei allem Misslingen glauben dies in Entschuldigungen nicht akzeptieren zu müssen. Mit Hohn sind Theorie und Praxis zu unterscheiden, obwohl sie nur dann nicht gleich sind, wenn die Theorie falsch ist.

Und wenn mit uns falsch gespielt wird? Wenn die Arrangeure des Spiels uns keine gleichen Rechte geben wollen – und schlimmer, das als ihr abgekartetes Spiel nicht verkünden?  In der Spieltheorie werden Entscheidungssituationen modelliert, in denen sich mehrere Beteiligte gegenseitig beeinflussen. Sie versucht dabei unter anderem, das rationale Entscheidungsverhalten in sozialen Konfliktsituationen davon abzuleiten. Die Spieltheorie ist originär ein Teilgebiet der Mathematik (publizierte Sachinformation). Die nicht-kooperative Spieltheorie ist von der die kooperativen Spieltheorie streng zu unterscheiden.

Um unseren Antrieb für das Spiel zu verstehen, bedarf es des Verständnisses für das Nash-Gleichgewicht (John Nash, Nobelpreisträger 1994), das sich als Strategieprofil (Reinhard Selten, mit Nash einziger deutscher Nobelpreisträger 1994 der Wirtschaftswissenschaften), das sich auf den Begriff des Teilspiels stützt, der seinerseits speziell für dieses Konzept entwickelt wurde. Ein Teilspiel ist ein Spiel, das in einem einzelnen Entscheidungsknoten des Spielbaums beginnt und alle Knoten enthält, die diesem Knoten nachfolgen. Für unser Spiel mit Wetten auf das Spiel (z. B. Sport) oder Zahl (z. B. Lotterie) erwarten wir die Fairness des Teilspiels und ein Ergebnis in unserem Sinne, das wir bedauern, wenn es uns nicht den erhofften Gewinn beschert (hat).

Vermeintliche Spiele können uns einen Gewinn bescheren, der zum Verlust führt (vgl. in Aktenz. XY als Thema einer Fernsehsendung des ZDF am 26.Oktober 2016 – vermeintliche Lotterie mit designiertem Sieger, der den Gewinn für einen Betrug zu seinen Lasten einsetzen „durfte“). Der Verlust besteht dabei in der Verwendung des „Gewinns“ in eine gezielte Verpflichtung – Kauf einer Wohnung). Der Gewinn eines Spiels ist „grau“ und kein Gewinn, sondern eine Zweckbindung ohne Spielgrundlage, wenn er am Ende des Spiels nicht frei verfügbar bleibt.

Sport-Wettbuden lieben die Grauzone. Manche sind nicht nur grau sondern auch illegal. Der hessische Innenminister Beuth will einige Sportwettenbüros auf eine legale Basis stellen. Er hat diesen Angeboten eine „Duldung“ zu beantragen, um „schwarze Schafe“ aussortieren zu können (FR 2016-10-27). Davon hat keiner der Läden Gebrauch gemacht. Es liegen keine Anträge, nur Nachfragen vor. Die Bürger in vielen Stadtvierteln ärgern sich über Buden mit abgedunkelten Scheiben und möglicherweise kriminellen Umfeld.

Das Kerngeschäft der Anbieter im Graubereich verläuft ohne Lizenzen, die im jahrelangen Rechtsstreit feststecken. Damit ist der Wildwuchs von nicht regulierten Glücksspielen kaum einzudämmen. Drohungen des Innenministeriums zur Untersagung der Existenz der Läden und Geldbußen bis zu einer halben Million Euro zeigten keine Wirkung. Die Opposition im Land Hessen definiert eine mögliche Duldung als Quasi-Legalisierung. Diese Argumentation beschleunigt die Überwachungsverfahren nicht.

Welches sind die Gründe Spielstätten von offizieller Stelle anzugreifen? Die Medizin, speziell die Psyche, definiert die bei Ausübung von Spielen sich entwickelnde Spielsucht als Krankheit. Die Gewichtung liegt zwischen der größten Gefährdung durch Keno*), einem ursprünglich chinesischem Spiel, mit Anteilen von ca. 23% und Lotto bzw. TV Lotterien mit unter 2%. Dabei sprechen wir nicht über glamouröse Spielcasinos, sondern von knallharter Realität der Düsterheit und Tristesse. Das Grau(en) der Spiele – wie bei der Korruption mit niedrigem Bildungsniveau überwiegend männlich besetzt – führt zur Hauptrisikogruppe der von der Spielsucht Gefährdeten in Deutschland. Die pathologisch Glücksspielenden repräsentieren das Krankheitsbild der Sucht – in Deutschland bis zu 150.000.

Das in Deutschland geltende Recht bedarf der Reform, obwohl Onlinespiele schon jetzt nicht zwingend legal sind. In Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung besteht Einigkeit, dass der Glücksspiel Staatsvertrag (GlküStV) aus 2012 als gescheitert anzusehen ist. Was in dem einen Bundesland zulässig ist, kann im anderen Bundesland verboten sein. Übersicht ist nicht zu gewinnen.

Während Kapitalanlagen langfristig zeigen, ob das eingesetzte Kapital ganz oder teilweise verloren ist, greift die Spielindustrie auf aktuell verfügbare Mittel zurück, die möglicherweise für das tägliche Leben während des Restes im Monat erforderlich wären. Der Überblick wird umso verdeckter, je mehr Onlinespiele am Markt aktiv sind. Dort wird der Spielende in Kommunikation mit Gibraltar, in britischen Kanalinseln und Malta am wenigsten geschützt. Nur Malta ist der EU zuzurechnen; alles andere sind Überseebesitzungen von Großbritannien mit anderen Rechtssystemen.

Spielsucht ist schlechter zu überschauen als Doping im Sport. Das Grau des Umfelds kann neben der Suchtkrankheit zum Vernichten bürgerlicher Existenzen führen. Dagegen sind Spielbanken, über die wir in vielen Filmen Existenzfragen kennen gelernt haben als seriös anzusehen.

*) KENO ist ein Glücksspiel, das ursprünglich aus dem Kaiserreich China stammt.

Die Urform des Keno-Spiels soll vor fast 2200 Jahren von dem Chinesen Cheung Leung erfunden und zur Finanzierung der Chinesischen Mauer eingeführt worden sein. Statt Zahlen musste damals eine Auswahl aus 120 chinesischen Schriftzeichen erraten werden. Die Ziehung erfolgte so, dass weiße Tauben aus einem Stapel von Briefchen mit den entsprechenden Zeichen einige herauspickten – diese Art der Ziehung ist auch heute noch in vielen Regionen Asiens gebräuchlich.

JPM

Leave A Comment