Was macht die Macht der Fonds aus?

Mit der Macht der Fonds bieten Gesellschaften wie „Blackrock“ diese auf Kosten von Banken an. Mit dramatischen Folgen für die Finanzmärkte sind diese Finanzgruppen mächtig geworden.

Viele Anleger haben das Jahr 2009 in schlechter Erinnerung. Die Investmentbank Lehman Brothers war im Jahr 2008 zusammengebrochen. Das wirkte sich erst einige Monate später aus. Die Finanzkrise stürzte die Börsenkurse ins Bodenlose. Wohlhabende Staaten lernten die Rezession kennen. Die Arbeitslosigkeit stieg weltweit. Um die damaligen Geschehnisse ranken sich heute Geschichten, „neu-journalistisch Fakes“ genannt. Mit Weltuntergangsstimmungen waren die Geschehnisse qualifiziert beschrieben. Chinesen, die auf Einladung deutscher Unternehmen und Wissenschaftler Europa bereisen, haben aufgrund des Abstands – im wahren Sinn des Wortes – sich bestätigen lassen, dass ihre Erkenntnisse von den damaligen Erkenntnissen kaum abweichen.

Eine Konsequenz als Basis den Atem beraubender Entwicklungen

Der frühere Anleihehändler Larry Fink  fädelte das Geschäft seines Lebens ein. Mr. Fink hatte es in New York zur Bekanntheit in Finanzkreisen gebracht. Aus einer kleinen Gesellschaft hatte er in wenigen Jahren einen bedeutenden Vermögensverwalter geschaffen.  Heute ist er Vorstandsvorsitzender der Fondsgesellschaft Blackrock. Im Jahr 2009 besuchte er die britische Großbank Barclays.  Dort unterbreitete er den Bankbossen ein folgenschweres Angebot:  für den Betrag von 13,5 Milliarden Dollar wollte die Unternehmenssparte „iShares“ erwerben. Diese betrieb ein für Außenstehende wenig verständliches Geschäft. Sie verkaufte Fonds, die alle mit der Abkürzung ETF gekennzeichnet waren – exchange-traded funds (börsengehandelte Indexfonds). Diese Fonds bildeten damals wie heute die Wertentwicklung eines Börsenbarometers wie den Dax nach. Folge: Gewinnt der Dax zwei Prozent an Wert, legt der ETF um zwei Prozent zu.

Sie bildeten die heute erlangte Macht der Fonds. Damals war mit stark schwankenden, überwiegend fallenden Aktienkurse nicht vorstellbar, dass mit solchen Fonds in Zukunft Vermögenswerte gebildet würden. Barclays war froh, dass sie diese Sparte abgeben konnten. Das Institut war  angeschlagen. Die Milliarden von Mr. Fink konnte sie gut gebrauchen. Der sich präsentierende Vorstand der Blackrock-Gruppe wurde als wahnsinnig „erkannt“. Er gab inmitten der größten Finanzkrise der Neuzeit viel Geld aus. Die amerikanische Finanzpresse sah einen viel zu teuren Einkauf des Vorstandsvorsitzenden.

Banken

Dieser Zukauf war Ausgangspunkt einer Entwicklung, die auf den Finanzmärkten Veränderungen bewirkte. Banken, die über Jahrzehnte unumschränkte Herrscher in der Welt des Geldes waren, hatten an Einfluss verloren. Finanzinstitute wie Wirecard und in der Zukunft viele Folgeinstitute haben wie Fondsgesellschaften und große Vermögensverwalter gewonnen. Blackrock ist Teil einer Machtverschiebung, die Folgen für alle mit dem Finanzbereich befasste hat oder noch haben wird. Wer an den Börsen dieser Welt, wie deutsche Anleger ihr Geld anlegt, sieht erfreuliche Folgen, die in den letzten 10 Jahren die Finanzwelt „eingelullt“ haben.  Andererseits machen sich manche private und gewerbliche Investoren Sorgen (vgl. Kremer, D. – FAS 2018-11-04).

Blackrock wurde mit ihrem Vorstandsvorsitzenden Mr. Fink an der Spitze heute mit einem verwalteten Vermögen von 6,4 (europäisch definierten) Billionen (Bio) USD zur größten Fondsgesellschaft der Welt. In den letzten Monaten ist das Gesamtanlagevermögen geschrumpft – aber nicht unter 6 Billionen. Zwei Drittel davon stecken in Indexfonds. Mitbewerber sind Vanguard (5,1 Bio USD) und die primär in den USA aktive „State Street“ (2,8 Bio USD). Mit dem Aufstieg der Fondsgesellschaften stehen die Banken nicht vor ihrem Niedergang – gerade in den USA nicht. Banken wie JP Morgan verdienen noch viel Geld, verlieren aber an Bedeutung.

Perspektiven der Banken weltweit

Nach einer Untersuchung der Boston Consulting Group erhielten Banken im Jahr 2017 ein Drittel aller Erträge in der Finanzbranche. Ein Jahrzehnt zuvor waren es 50 Prozent gewesen. Dieser Anteil von 50 Prozent wird noch bei Blackrock & Co. erzielt.  Die Fondsgesellschaften sind an den Banken vorbeigezogen. Ein Blick auf Deutschland lässt Wirecard hervorheben. Dieses Finanzinstitut arbeitet auf anderen Finanzmärkten und ist mit dem Börsenwert an der Commerzbank vorbeigezogen, die den DAX verlassen musste. Die Wahrnehmung von Geldverwaltern wie Blackrock hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Als Beispiel für Menschen im  Politikbetrieb sei Friedrich Merz genannt, der als Überraschungskandidat für den CDU-Parteivorsitz agiert. Seit 2016 ist er Aufsichtsratschef der deutschen Niederlassung von Blackrock. Der machtbewusste Herr Merz wäre nie auf die Idee gekommen für Blackrock zu arbeiten, wenn er nicht gespürt hätte: Der Aufstieg der noch unbekannten Finanzgesellschaften hat begonnen.

Wer glaubt, dass mit ETF in unruhigen Börsenzeiten kein Staat zu machen sei, hatte sich getäuscht. Großanleger hatten nach den Kursrückgängen der Finanzkrise genug von Fondsmanagern alter Schule. Sie hatten diese Manager teuer bezahlt und standen am Ende mit Verlusten da. Das beliebte Marketingargument, dass ein guter Fondsmanager im Fall starker Marktverwerfungen das Schlimmste verhindern könne, hatte sich nicht bewahrheitet. Die Bereitschaft wuchs sich auf ETF einzulassen. Sicher lassen sich damit bessere Ergebnisse als am Aktienmarkt nicht erzielen. Das entscheidende Argument für Anleger waren die für ETF geringeren Gebühren.

ETFs auf dem Vormarsch

Da Gelder statt in klassische Investmentfonds vermehrt in ETF flossen, haben Banken lange überlegt, ob sie davon beunruhigt sein sollten. Sie litten weniger, als sich die Fachwelt denken konnte. Wenn sie über eine eigene Fonds-Abteilung verfügten, haben sie dennoch nicht erkannt, dass ihnen ein interessanter Markt für andere Finanzinstitute entging. Stattdessen waren sie mit sich selbst beschäftigt. Nach der Lehman-Pleite kämpften viele Banken ums Überleben. Als die erste schwere Phase überwunden schien, trat die Politik auf den Plan. Weltweit wurden Banken strengeren Kontrollen und Regulierungen ausgesetzt. Das band ihre Kräfte.

Auf dem ETF-Markt können Finanzinstitute schnell ins Hintertreffen geraten. Ab einer bestimmten Fondsgröße stehen jedem neuen Anleger, der Gebühren zahlt, kaum zusätzlichen Ausgaben gegenüber. Skaleneffekte nennen das die Betriebswirte. Wer solche Effekte erzielt, kann sich unliebsame Konkurrenz vom Leibe halten.  Je größer die eigenen Fonds werden, umso stärker können die Gebühren gesenkt werden. Banken, die zu spät in den ETF-Markt einsteigen, können schwer mithalten. Diese Logik ist Blackrock, Vanguard & Co. und der Szene bekannt.
„ETF sind einfache, gut verständliche Investmentprodukte. Wir hebeln sie nicht, wir investieren nicht mit ihnen auf eigene Rechnung. Das heißt: Die Risiken sind begrenzt“ (vgl. Wiedman, M.; Blackrock – FAS 2018-11-04). ETF sind langweilig – ihr Erfolgsgeheimnis. Blackrock mit seinen ETF in Deutschland musste sich aus heutiger Sicht der Konkurrenz von Banken erwehren.

Europa

Der Deutsche Bank mit ihrer Indexfondssparte „db x-trackers“ war Blackrock in Europa enteilt. Die Rettungsgipfel der Staats- und Regierungschefs der Eurostaaten während der Euro-Krise wirkten vergleichsweise langweilig für ETF i. V. m. Blackrock und sicher in einer Zeit, in der alles andere an den Finanzmärkten unsicher erschien. Blackrock hatte ETF im Angebot, die das Konstruktionsprinzip bei der Zusammensetzung der Börsenbarometer abbildeten. Ein Dax-ETF investiert das Geld der Anleger in die einzelnen Dax-Aktien gemäß ihrer Gewichtung im Index.

Obwohl die Deutsche Bank ihre ETF nach und nach umstellte, war der Vorsprung von Blackrock nicht mehr einzuholen, der Euro-Krise sei Dank! ETF bieten Anlegern aufgrund ihrer Einfachheit und ihrer niedrigen Gebühren viele Vorteile. Aber der Siegeszug der ETF bringt zugleich auch die althergebrachte Struktur der Finanzmärkte ins Wanken. Es geht dabei vor allem um einen Begriff, der an den Märkten immer dann eine Rolle spielt, wenn es brenzlig wird – Liquidität. Es geht dabei um die Möglichkeit zu kaufen und zu verkaufen, wann immer das gewünscht wird.

Wollen in angespannten Börsenzeiten viele Anleger zugleich ihre ETF verkaufen, müssen die Anbieter die von den Fonds gehaltenen Wertpapiere loswerden, um die Anleger auszuzahlen. Dies mag im Falle von Dax-Aktien kein Problem sein. Aktien aus Schwellenländern lassen sie sich in schwierigen Marktphasen nicht leicht verkaufen. Die Bundesbank warnt vor einer „Liquiditätsillusion“. Anleger, die ETF in Zeiten steigender Börsenkurse kennengelernt haben, wären in unruhigen Zeiten bei starken Kursschwankungen aufgeschmissen. Im Oktober 2018 interpretierten manche diese Ereignisse als einen ersten Hinweis auf eine solche Veränderung.

Fazit

Wer Recht hat, wird sich erst bei einem Crash an den Börsen zeigen. Der Einfluss von ETF auf das Handelsgeschehen ist nicht zu leugnen. Im Oktober 2018 hatten ein Drittel aller Transaktionen auf dem amerikanischen Aktienmarkt mit ETF zu tun. Der Ruf nach strengerer Regulierung verwundert nicht. Das will Larry Fink, der in Washington bestens verdrahtet ist, vermeiden. Die
Erfolgsgeschichte soll weitergehen. Fink und seine Mannschaft peilen neue Rekorde an. Die  Börsenturbulenzen im Oktober 2018 sind an Blackrock nicht spurlos vorübergegangen.  Das über ETF verwaltete Vermögen soll sich dennoch innerhalb der nächsten fünf Jahre verdoppeln. Solche Wachstumsraten werden konventionelle Banken nicht erwarten können. Das Argument des dort erkennbaren geringeren Risikos steht den Chancen der ETF gegenüber – bis etwas passiert.

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